29.06.2021

Jan stand als Drogenabhängiger irgendwann an dem Punkt, an dem es nicht mehr weiterging. Heute besucht er den Freundeskreis in Aalen:

Zum ersten Mal ist Jan zu einem Verbandstreffen bei den Freundeskreisen eingeladen. Das Thema: „Jugendliche Drogenabhängige“. Jan wacht an diesem Tag mit sehr mulmigem Gefühl auf, einer Mischung aus Neugierde und etwas Angst. Nach dem ersten Kaffee und der ersten Kippe war es etwas besser, aber nicht komplett weg. Auf dem Weg zum Treffpunkt folgen nochmal zwei Kippen, mittlerweile mehr nervös als ängstlich. Am Zielort erreicht er Stresslevel 100 000. Zig Gedanken strömen durch seinen Kopf bis zum Beginn der Veranstaltung, bei der er sich sogar traut, die Klappe aufzumachen. Im Anschluss schreibt er über „fabelhafte Gespräche“ und sehr bewegende Momente, mit der „letzten überlebenden Gründerin der Freundeskreise, Ruth Votteler“.

Ich war überwältigt, wie offen und herzlich alle miteinander umgegangen sind.

Max (21), Robin (20), Rolf (33) und Lena (20) sind mehrfach abhängig. Nach hartem Entzug wollen sie mit Unterstützung einer Selbsthilfegruppe stabil bleiben. „Aber wie denken Alkis über uns Drogis?“

wuchs als Kind an einem Park auf, der als Drogenhauptquartier diente. Seine Eltern waren geschieden, er war sich weitgehend selbst überlassen. Mit 15 rauchte er den ersten Joint. Mit 18 war er mehrfachabhängig von Koks und Alkohol. Er finanzierte sich als Dealer. „Für ein Gramm Koks brauche ich etwa 80 Euro. Wer gut verkauft, zieht am Tag bis zu fünf Gramm“, sagt er. Daheim erzählte er, in einem Handyladen zu arbeiten. Tatsächlich war er „Geld schaufeln“. Heute sagt er: „Um da rauszukommen muss man psychisch sehr stark sein.“ Max war es nicht. Beim Geldeintreiben zertrümmerte er einem Kunden die Kniescheibe und das war längst nicht alles. „Wäre ich nicht in den Knast gekommen, wäre ich nicht ruhiger geworden.“ Seit zwei Jahren ist er clean. Mit einer Selbsthilfegruppe hat er ein Jahr lang schlechte Erfahrungen gemacht und befürchtet: „Wenn ich denen sage, dass ich im Knast war, läuft nichts mehr. Die haben dann Schiss und ich meinen Stempel.“

fing mit 15 zu kiffen an und konsumierte im Alter von 16 Jahren täglich. Dazu kam Alkohol. Mit 17 zog er Koks, mit 18 finanzierte er den täglichen Konsum durch Verkauf: „Man braucht ja auch Geld zum Leben. Aber man verzieht das meiste.“ Nach einem Autounfall lautete das Urteil: 1,6 Jahre mit Auflage Therapie. Robin ging in die Reha-Einrichtung Schloss Börstingen und sieht jetzt der Adaption entgegen, die sich der Entwöhnungsbehandlung anschließt. Ziel ist eine Stabilisierung und die Vorbereitung auf das Arbeitsleben. Robin will eine berufliche Zukunft, auch therapeutisch weiterarbeiten. Sein fester Vorsatz: Nicht lügen, klauen oder dealen, sondern sich in normalem Umfeld bewegen. Der Freundeskreis ist weggebrochen, denn ich war nur noch mit denen zusammen, die genauso dealten wie ich.“ Über eine Selbsthilfegruppe denkt er nach, denn „irgendwann waren die alle an dem Punkt, an dem es nicht mehr weiterging. Doch die wenigsten wissen, was bei den Drogis läuft und haben Angst vor uns.“

war mit 16 Jahren „am Start“. Als Kind diagnostizierte man bei ihm ADHS, weswegen er schwer Freunde fand. Mit Cannabis startete er aus reiner Neugierde, dann waren es die Amphetamine. Mit 18 war er Mehrfachgiftler. Nach erster Kurzzeittherapie reduziert er auf Alkohol, Cannabis und Medikamente, startet eine Ausbildung und wurde mit 24 Jahren Vater einer Tochter. Doch die Beziehung zur Mutter scheitert und es beginnt ein radikaler Zerstörungskonsum. Nach der zweiten Kurztherapie beginnt er wieder eine Ausbildung, diesmal zum Gesundheits- und Krankenpfleger. Doch wieder endet eine Beziehung zu seiner Partnerin. Extremer Alkoholkonsum lässt ihn die körperlichen Schäden spüren und sich für eine Langzeittherapie entscheiden. Eine Selbsthilfegruppe kann er sich im Anschluss vorstellen, vermutet aber, dass „die Alkis vor den Drogis Angst haben“.

kam im Alter von 13 Jahren ins Heim. Ihr Vater war gestorben, die Mutter psychisch krank. Mit 16 Jahren kiffte sie zum ersten Mal, bemerkte aber, dass es ihrer Psyche nicht gut tat. Als ein neues Mädchen in ihre Wohngruppe zog, kam sie mit 18 in Kontakt mit Speed und Koks, dann kam es zu einer paranoiden Psychose. Der Schlafrhythmus war gestört, Panikattacken begleiteten sie. Irgendwann habe sie sich selbst eingewiesen. 22 Tage lag sie auf der Entgiftungsstation und beschloss, ihr Leben zu ändern. „Ich will in keine Wohngruppe mehr, ich will nicht mehr feiern gehen. In der Rehaklinik arbeitet sie in der Küche und liebt das Gefühl zu sehen, was sie geleistet hat. Jetzt kümmert sie sich mit Unterstützung der Einrichtung um ihre Zukunft. Über Selbsthilfe denkt sie nach. Das stehe fest auf ihrer Lebensplanung, denn „der wahre Kampf beginnt draußen.“

Ilyas ist drogenabhängig

und besucht den Freundeskreis Ludwigsburg:

Zum ersten Mal besucht er eine Verbandsversammlung der Freundeskreise zum Thema „Jugendliche Drogenabhängige“ und sagt im Anschluss: „Im Großen und Ganzen war es top und ein echt guter Vortrag. Sehr informativ und ich hab mich zurückerinnert an die Szene; das Gefühl, Drogen zu nehmen, ist auch wieder kurz hochgekommen, aber kein Suchtdruck.“ Das Generationenübergreifende war „sehr nice“.